Der Fachbereich trauert um Prof. Dr. Dr. h.c. W. Pfleiderer

Die Universität Konstanz und der Fachbereich Chemie trauern um ihren ehemaligen Kollegen
Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Pfleiderer (* 22.07.1927, † 20.01.2018).
Wolfgang Pfleiderer war der erste Professor am Fachbereich Chemie nach der Gründung der Universität. Er hatte großen Anteil am Aufbau des Fachbereichs und hat dessen Gesicht maßgeblich geprägt. Gemeinsam mit Kollegen entwickelte er das erste Curriculum für einen Chemiestudiengang. Er ist der Universität treu geblieben und hatte seinen Lehrstuhl bis zu seiner Emeritierung 1995 inne. Auch danach zog er sich nicht zurück und war bis vor wenigen Jahren noch regelmäßig an der Uni und auch noch selbst im Labor.
In seiner aktiven Zeit leitete er eine große Arbeitsgruppe von bis zu 30 Mitarbeitern. Diese zu betreuen und zu finanzieren gelang ihm aufgrund seines Ideenreichtums und seines guten Organisationstalents. Seine Mitarbeiter bereitete Wolfgang Pfleiderer bestens auf eine spätere Tätigkeit in der Industrie vor. „Wir machen hier keine abgefahrenen Reaktionen, um den Nobelpreis zu gewinnen, sondern bei mir lernt ihr kochen.“ war eine Aussage gegenüber einem ehemaligen Postdoc. Er legte Wert auf Disziplin, die Reinheit der synthetisierten Substanzen, eine komplette Analytik, gute Ausbeuten und Reproduzierbarkeit.
In den Arbeitsgruppenseminaren wurde scharf diskutiert. Er erkannte sofort die Stärken und Schwächen eines Vortrags und hielt damit auch nicht hinter dem Berg. Er liebte klare Ansagen. Viele Mitarbeiter aber auch Kollegen haben das erfahren. Legendär seine Diskussion von pKs-Werten und ihr Einfluss auf die Reaktivität von Heterocyclen. Er war auch ein großzügiger Mensch und sehr sozial, immer offen für ein Bier und eine Diskussion.
Wissenschaftlich war Wolfgang Pfleiderer äußerst erfolgreich. Er publizierte weit über 600 Artikel (Patente eingeschlossen) und war Ko-Editor von sieben Büchern. Gastprofessuren führten ihn in die USA, nach Australien, in den Irak und nach Schottland. 1982 erhielt er die Ehrendoktorwürde durch das Trinity College in Dublin. Noch letztes Jahr erhielt er von der Deutschen Nucleinsäurechemiegemeinschaft den Preis für sein Lebenswerk.
Seine Forschungsinteressen galten der Heterocyclen- und Naturstoff-Chemie, der Nucleinsäure-Chemie sowie der Organischen Elektro- und Photochemie. Mit der Synthese von fluoreszenzmarkierten Nucleinsäuren konnte er diese Interessen verbinden. Besondere Erwähnung verdient die von ihm entwickelte p-Nitrophenylethyl-Schutzgruppe, eine universelle Schutzgruppe für die Oligonucleotid-Synthese.
Die Universität Konstanz wird Herrn Pfleiderer ein ehrendes Andenken bewahren. Der internationalen wissenschaftlichen Community wird er als kreativer, großer Chemiker immer in Erinnerung bleiben.